„Es gab nur einen Tag an dem es zwei Kunsthallen in Göppingen gab“, so Frank Bölter über das Großprojekt NEOKunsthalle auf dem Bahnhofsvorplatz, das vom 1.7. bis 15.7.2024 mit rund 1000 Bürgerinnen und Bürgern stattfand. Trotz der widrigen Wetterverhältnisse ist es dem Künstler und dem Team der Kunsthalle Göppingen gelungen, viele Menschen für das partizipatorische Projekt zu begeistern.
Die ARD widmete am 16.7.24 einen langen Beitrag in den Tagesthemen der NEOKunsthalle mit einer Anmoderation, bei der Ingo Zamperoni und Jens Riewa – ganz im Sinne von Frank Bölter – Papierflieger falteten. Das kann die Kunsthalle Göppingen als ein großes Kompliment für ihre Arbeit verzeichnen. Welches Museum schafft es in die Tagesthemen? Schon vor Projektbeginn meldete sich die ARD in der Kunsthalle und bat um die Möglichkeit über die NEOKunsthalle zu berichten. Denn Frank Bölters Kunst ist politisch. Nicht die fertigen Endprodukte – die „Kunstwerke“ – stehen im Fokus seines Tuns, sondern die Prozesse, die ihnen vorausgehen.
So auch die NEOKunsthalle: Der Künstler arbeitete jeden Tag auf der „Baustelle“ auf dem Bahnhofsvorplatz, dabei leitete er Workshops für Kinder und Jugendliche, faltete mit Bewohnerinnen und Bewohnern eines Pflegeheims Pappbausteine, die er dann mit weiteren Personen verbaute und er unterhielt sich mit Passanten. Die Kommunikation und die Partizipation sind die wichtigsten Bausteine seiner Arbeit und diese nimmt der Kölner Künstler sehr ernst. Er hat in diesen zwei Wochen Rede und Antwort gestanden, Personen begeistert und auf empörte Fragen nach Sinn und Unsinn eines Kunstwerks aus Pappe geantwortet. Die Vergänglichkeit ist ohne Frage einer der zentralen Themen in seiner Kunst. Das eigentliche Kunstwerk, das durch so viele helfende Hände entstand, bleibt nur in der Erinnerung aller Beteiligten und in unterschiedlichen Dokumentation bestehen. Eine dieser Dokumentationen ist das Bautagebuch, in dem der Künstler Stimmungslagen und besondere Ereignisse notierte. Nachzulesen in
seinem
Bautageblogg oder in Auszügen in der Ausstellung in der Kunsthalle Göppingen.
Die Ausstellung in der Kunsthalle Göppingen
In der Ausstellung erzählen Modelle beispielsweise der Akropolis Linz oder der NEOKunsthalle von der besonderen Arbeitsweise des Künstlers, die in vollem Umfang die Gesellschaft miteinbezieht. Kleinformatige Skulpturen stehen neben der bildmächtigen Fotografie Bis ans Ende der Welt. Der Künstler in einen Anzug gekleidet steht in einem überdimensionierten Papierboot mitten auf dem Atlantik – mitnichten eine Fotomontage, sondern ein riesiges, mit vielen Menschen gefaltetes Papierboot, das zu Wasser gelassen wurde. Romantik trifft auf Performance und öffnet einen großen Raum an Geschichten.
In der Ausstellung ergeben sich Blickachsen von Dokumentation, Modell und Fotografie oder vom Bautagebuch der NEOKunsthalle, einer Mauer aus Pappbausteinen und der Ruine der NEOKunsthalle, durch die – wenn man sich bückt, die filmische Dokumentation des Projekts verfolgt werden kann. Frank Bölter gelingt ein ausgewogenes Spiel von Rezeptions- und Erfahrungsraum.
Die Einladung zum Mitmachen wird durch den großen Tisch mit Faltanleitungen des Künstlers inmitten der Ausstellung ausgesprochen. Auch die Ausstellung ist durch das Handeln der Besuchenden im stetigen Wandel wie die Projekte des Künstlers.
Performance „AutoImmobil“ und „Blume Werden“ im öffentlichen Raum
Mit 110 Schülerinnen und Schülern sind Ende Juni mit Frank Bölter vier sogenannte „AutoImmobil“ entstanden. Vier SUVs für Göppingen aus Papier, die in der Folge in dem Pilotversuch „fußgängerfreundlichen Innenstadt“ falsch parkten. Diese skurrilen Objekte, die eine Mischung aus Auto und Milchkarton zu sein scheinen, erlauben den augenzwinkernden Seitenblick auf hippe Stadtgeländewagen. Bilden die Kunstobjekte doch inhaltlich genau das Gegenbild eines crashtauglichen Geländewagens ab. Weder die so geschätzte größere Robustheit, noch das damit einhergehende Überlegenheitsgefühl mögen sich beim Anblick dieser Papierautos einstellen, sondern es werden philosophische und praktische Fragen aufgeworfen: Beispielweise nach der Vergeudung eines reellen Parkplatzes und der Vergänglichkeit von Allem.
Zur wirklichen Transformation lädt Frank Bölter nun am kommenden Donnerstag, 5.9. um 18 Uhr ein, denn dann werden unter Mithilfe aller Interessierten die „AutoImmobil“ in der Performance „Blume werden“ in ihre nächste Bestimmung überführt. Auch dies sicherlich ein politisches Bild.
Spielerische Leichtigkeit durchzieht alle Ebenen Bölters künstlerischen Handelns, sei es das Großprojekt der NEOKunsthalle oder kleinere Performancearbeiten. Mit dem Ausspruch: „Keine Angst, es ist nur Papier“ lädt der Künstler in seiner überaus freundlichen Art erneut ein.
Ausstellung Kunsthalle Göppingen: 20.7.-13.10.2024
Im Rahmen des Pilot-Projekts „Fußgängerfreundliche Innenstadt“:
Performance und Aktion „Blume Werden“ am Donnerstag, 5.9.2024 / Treffpunkt Kunsthalle Göppingen 18 Uhr / Performance findet im Anschluss auf dem Marktplatz statt.
Performance und Aktion „Und jetzt?“ am. Mittwoch, 2.10.2024 im Rahmen der Interkulturellen Wochen Göppingen in der Kunsthalle Göppingen.
(Quelle/Bild: Mitteilung Kunsthalle Göppingen)